Kann man sie heutzutage unbedenklich benutzen?
OSB-Platten, auch Grobspanplatten genannt, werden heutzutage im Bauwesen zunehmend für Ausbaumaßnahmen und auch ganze Gebäudeerstellungen verwendet.
OSB-Platten (OSB für englisch: Oriented Strand beziehungsweise Structural Board) bedeutet: Platte aus ausgerichteten Spänen.
Sie haben damit die normalen Pressspanplatten nahezu abgelöst, die hauptsächlich noch im Hobby- und Möbelbereich benutzt werden. In der Öffentlichkeit ist bei allen Holzwerkstoffen immer noch das Abgabevermögen von Formaldehyd im Fokus der Aufmerksamkeit, obwohl sich daraus unter normalen Bedingungen kaum mehr Gefahren ergeben. Probleme für die Gesundheit oder das Wohlbefinden liegen vielmehr heute in den anderen Bestandteilen der Kleber für die Späne. Da moderne Bauten sehr luftdicht gebaut werden, kann es zu dauerhaft erhöhten Feuchtebelastungen aus der Raumluft an den Innenseiten der für die Wandaufbauten benutzten Platten kommen. Dadurch kann es zu chemischen Reaktionen kommen, die Phenole, Chloranisole und Chlorkresole aus den Platten ausgasen lassen, es kann zudem auch zu signifikanten Luftbelastungen mit Isocyanaten kommen.
Diese Umstände sorgen zum einen für erhöhte Werte dieser Stoffe in der Raumluft, was zu allerlei Krankheitssymptomen führen kann. Im besten Fall kommt es nur zu dauerhaft vorhandenen unangenehmen Geruchsbelastungen, wie sie von älteren Fertighäusern bekannt sind. Das allerdings kann so störend sein, dass ein solches Haus nicht mehr bewohnbar ist.
Siegfried Münstermann, Baubiologe aus Bramsche, nennt Fakten zu den Holzwerkstoffen: »In Deutschland hergestellte Platten werden in der Regel aus frischem Rundholz oder Restholz aus den Sägemühlen hergestellt, es gibt aber auch einige Produkte aus Deutschland und etliche aus dem Ausland, bei welchen Recyclingholz in unterschiedlichen Mengen verwendet wird, was zu einer Belastung des Holzes mit Pentachlorphenol führen kann.«
»Zur Verklebung der Späne werden Klebstoffe auf Basis von Melamin-Harnstoff-Phenol-Formaldehyd (MUPF) und PMDI-Klebstoffe, das ist Polymeres Diphenylmethandiisocyanat, verwendet. Der Anteil an PMDI überwiegt meist, vor allem aus qualitativen Gründen. Häufig wird in der Mittelschicht der Platten PMDI eingesetzt und in den Deckschichten MUPF-Klebstoffe. PMDI selbst ist frei von Formaldehyd und besitzt eine höhere Beständigkeit gegenüber Feuchte. Zudem braucht man weniger Klebematerial als bei MUPF-Klebstoffen. Allerdings ist es teurer als diese und wird somit nicht überall und immer benutzt.«
Laut Münstermann, der auch eine Beratungsstelle vom Verein BIOLYSA e. V. betreibt, kann man sich im Groben bei der Verwendung von OSB- und Spanplatten nach einer gültigen Norm richten und sollte nicht einfach das erstbeste No-name-Produkt aus dem Baumarkt kaufen: »Die Norm EN 300 definiert OSB-Platten entsprechend ihrer mechanischen Eigenschaften und der relativen Feuchtebeständigkeit in folgende Klassen:
- OSB/1: Platten für den Innenausbau (einschließlich Möbel) zur Verwendung im Trockenbereich.
- OSB/2: Platten für tragende Zwecke zur Verwendung im Trockenbereich.
- OSB/3: Platten für tragende Zwecke zur Verwendung im Feuchtebereich.
- OSB/4: Hochbelastbare Platten für tragende Zwecke zur Verwendung im Feuchtebereich.
Bei Platten der Klasse OSB/4 ist der Anteil der PMDI-Kleber am höchsten, sie bieten somit die geringste Gefahr der Emission von Geruchsstoffen.«
Pressspanplatten werden auch heutzutage immer noch meist mit MUPF-Klebern hergestellt und können demzufolge in nennenswertem Maße auch Formaldehyd abgeben. Bezüglich der Formaldehyd-Emissionen ist in Deutschland nur die Klasse E1 mit maximal 8 mg Formaldehydausgasung pro 100 g Material zugelassen. Alle Holzwerkstoffe müssen zudem ein CE-Kennzeichen aufweisen, das garantiert, dass nicht mehr als 0,124 mg Formaldehyd von einer 1-kg-Platte an einen Kubikmeter Raumluft abgegeben wird. Der PCP-Gehalt (= Insektizid Pentachlorphenol) dieser Luft darf maximal 5 ppm betragen. Sollte eine Platte mit Holzschutzmitteln ausgerüstet sein, müssen Art, Menge und Einbringverfahren im CE-Kennzeichen vermerkt sein.
Beim Be- und Verarbeiten aller dieser Werkstoffe sind besondere Schutzmaßnahmen zu beachten, da die Stäube und die Gase bei Erhitzung (z. B. durch Bohren und Schleifen) gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen können. Im Brandfall erzeugen sämtliche mit MUPF oder PMDI verklebte Holzwerkstoffe Blausäure, das sollte man auf jeden Fall bei der Sanierung von Brandschäden berücksichtigen!
Generell raten Baubiologen von der Verwendung von OSB- und Pressspan-Platten ab. Wenn man schon Plattenwerkstoffe benutzen möchte, sollte man eher Sperrholz oder Mehrschichtplatten kaufen und darauf achten, dass als Klebstoffe nur Weißleime auf Basis von Polyvinylacetat (PVAC) verwendet wurden. Nochmals Münstermann: »Da PVAC ein harmloser Klebstoff ist, der sich im Inneren der Holzplatten beziehungsweise nur minimal an Sägekanten befindet und somit kaum einer ständigen Befeuchtung aus der Raumluft ausgesetzt ist, kann man zudem sicher sein, dass es keinerlei Abbauprodukte gibt, die die Atemluft belasten. Solche Platten gibt es zudem in Ökoqualität in Öko-Baumärkten zu kaufen!«
Weitere Unterstützung und Ratschläge finden Sie bei den Baubiologischen Beratungsstellen von Biolysa e. V.
Telefon: 0700-246 597 238 oder im Internet biolysa.de.